Zoom-Fatigue & Co - Diese 10 Tipps helfen Euch gesund zu bleiben

Als wir im Advent unseren Kunden angeboten haben, statt des sonst üblichen Weihnachtsbesuches für sie eine Online-Retrospektive zu moderieren, haben viele von Ihnen dankend abgewinkt. Begründung: Nicht noch ein weiteres virtuelles Meeting! Wir haben davon wirklich mehr als genug!

Die meisten unserer Kunden berichten, dass sie mehrere Online-Meetings am Stück als anstrengend und ermüdend empfinden, auch wenn sie nicht durch zusätzliche häusliche Aufgaben wie z.B. Kinderbetreuung und Homeschooling belastet sind. Vor allem wenn es sehr viele, manchmal auch zu viele Online-Meetings an einem Tag sind.

Die Gründe für dieses Erleben sind vielfältig:
Es liegt nicht immer an einer Moderation, die weder klare Ziele noch Struktur hat oder Selbstdarstellern und Vielrednern keinen Einhalt gebietet.
Für viele Menschen beginnt der Stress schon, wenn sie sich selbst in der Kamera sehen. Sie fragen sich, ob sie ein gutes Bild abgeben und sind verunsichert, weil sie sich ständig wie „im Spiegel“ sehen. In Life-Situationen sind wir zwar auch um unsere Wirkung bemüht, können sie aber nicht ständig im Spiegel überprüfen.

Oft sind es technische Probleme, die immer wieder Unterbrechungen oder Ausfälle bewirken. Manchmal sind es auch Werkzeuge wie z.B. Videos, die nicht genutzt werden (können) oder gar nicht erst vorhanden sind wie z.B. virtuelle Whiteboards.
Manche Menschen erledigen parallel zum Meeting andere Aufgaben (checken z.B. E-Mails). Obwohl dies meistens als Entlastung gedacht ist, belastet es das Gehirn, weil ihm zu wenig Pausen zum Verarbeiten des Gehörten und Gesehenem geboten werden.


Was jedoch wirklich anstrengt, ist das psychologische Erleben. Dass wir einerseits über Bilder und Sprache Verbindungen zu anderen Menschen aufbauen, uns aber gleichzeitig getrennt fühlen. Am deutlichsten merken wir das, wenn wir oder andere durch technische Probleme einfach von der Bildfläche verschwinden. Auch wenn am Ende einer Online-Konferenz direkt abgeschaltet wird und unser Gesprächspartner einfach weg ist (wie es in der Realität tatsächlich der Fall ist), ist unser emotionales Gehirn irritiert.

Im Unterschied zu Begegnungen vor Ort fokussieren wir uns auf sehr wenige Wahrnehmungen von anderen Menschen. Wir nehmen lediglich die Stimme und das Gesicht wahr, soweit beides technisch vollständig übertragen wird. Eine ganzheitliche Wahrnehmung der anderen Menschen mit ihren Bewegungen und ihrer Ausstrahlung entfällt.
Wenn wir mit Menschen einer Gruppe in einem Raum kommunizieren, wenden wir uns sowohl beim Sprechen als auch beim Zuhören körperlich einem sprechenden Menschen zu, z.B. indem wir ihm oder ihr in die Augen schauen. Dies wird von unserem Gegenüber wahrgenommen und meistens positiv als „Kontakt“ und Wertschätzung erlebt.

In einer Videokonferenz können wir jedoch nicht wirklich wahrnehmen, wenn uns jemand in die Augen schaut oder sich uns zuwendet. Selbst wenn wir die Augen des Partners auf einem bestimmten Punkt des Bildschirms fokussieren, kann das wegen der Position unserer Kamera vom anderen nicht wahrgenommen werden.
Da Augenkontakt und Hinwendung in unserem Kulturkreis ein wichtiges Zeichen eines freundlichen Beziehungsaufbaus sind, fehlt uns zumindest emotional ein wichtiges Signal unseres Gegenübers.

Meistens sind es sogar mehrere Personen, die wir gleichzeitig so reduziert, wie oben beschrieben, sehen und hören. Alle Menschen befinden sich visuell und auditiv auf einer Ebene. Sie können nicht im dreidimensionalen Raum eingeordnet und nur sequenziell, d.h. nacheinander, gehört werden.

Dies alles strapaziert Gehirn und Seele, weil es nicht vorhandene Informationen ergänzen muss. Gleichzeitig ist unsere Orientierung in der Gruppe erschwert, sodass wir mehr Kraft brauchen, um uns sicher zu fühlen.

Wenn wir die Sprecheransicht wählen, gerät die Gruppe als Ganzes aus dem Blickfeld. Aber auch bei der Gruppeneinstellung werden Interaktionen und Dynamiken innerhalb der Gruppe nur noch sehr rudimentär erlebbar. Schreiben sich z.B. Gruppenmitglieder gerade private Nachrichten? Hat jemand absichtlich sein Bild ausgeschaltet und ist er oder sie vielleicht gar nicht vor seinem Bildschirm? Da wir vieles nicht einschätzen können, werden wir immer wieder emotional unsicher, auch wenn wir das vielleicht gar nicht wahrnehmen.

Last but not least leiden wir an der Bewegungslosigkeit vor dem Bildschirm, die sich nicht nur auf die Augen bezieht. All die oben genannten Faktoren summieren sich, sodass wir uns nach vielen Online-Meetings ausgelaugt und erschöpft fühlen.

Im Consensa Team haben wir experimentiert, was wir hier verbessern können.

Die nachfolgenden 10 Tipps haben geholfen, die Anstrengung deutlich zu reduzieren:

Tipp 1: Zuerst für sich sorgen

Wer regelmäßig fliegt, hört bei den Sicherheitsansagen immer wieder, dass man im Fall eines Druckverlustes in der Kabine zunächst sich selbst mit der Sauerstoffmaske versorgen und erst anschließend mitreisenden Kindern oder anderen Menschen helfen sollte, die das nicht allein können.
Im Online-Meeting ist es genauso: erst wenn wir selbst einigermaßen entspannt sind, können wir wahrnehmen, wie es den anderen geht und welche Unterstützung sie brauchen.

Tipp 2: Persönlich einchecken

Nimm´ Dir, bevor Du Dich einloggst, einen kurzen Moment des Innehaltens. Dabei hilft es einen oder mehrere tiefe Atemzüge zu nehmen, diese bewusst wahrzunehmen und dich auf deine körperlichen Empfindungen zu konzentrieren.
Frage Dich vor einem Meeting, wie es dir gerade körperlich geht. Hast Du genug gegessen und getrunken? Ist Dir zu kalt oder zu warm? Bei Bedarf kannst Du Dich kurz strecken oder auf eine andere Art bewegen, die dein körperliches Wohlbefinden steigert.

Tipp 3: Die eigene Einstellung wählen

Wie geht es Dir vor und während des Meetings? Welche Gefühle nimmst Du wahr? Wie ist gerade Dein mentaler Zustand? Bist Du angespannt oder aufgeregt? Freust Du Dich auf das Meeting oder hast Du keine Lust dazu?
70% unserer Signale sind auch online nonverbal und werden unbewusst genauso beantwortet wie die Worte, die wir sprechen. Deine Gesprächspartner nehmen Deine Einstellung genau wie Du bei Ihnen auch in Online-Meetings zumindest unterbewusst wahr. Im wechselseitigen Austausch verstärkt sich unsere Einstellung dann meistens selbst: Gefühle wie z.B. Neugier oder Wertschätzung verbunden mit der Absicht einen Beitrag zur Gemeinschaft liefern zu wollen, rufen eine völlig andere Resonanz hervor als Frust, Abwehr oder der Wunsch, sich selbst ins rechte Licht zu setzen.
Die gute Nachricht ist: Oft haben wir die Wahl, unsere mentale Einstellung zu ändern, wenn wir sie überhaupt wahrnehmen. Dabei hilft es auch, dankbar zu sein, mit anderen Menschen auf diesem Weg in Verbindung sein zu können und diese Dankbarkeit zunächst innerlich auszusprechen. Stelle dir vor wir müssten in Zeiten der Pandemie ohne diese Kanäle auskommen.

Tipp 4: Multitasking vermeiden und Pausen einlegen

Die neuere Gehirnforschung zeigt, dass Multitasking nicht möglich ist. Dass auch beim Multitasking mehrere Aufgaben sequenziell bearbeitet werden, jedoch in kleinere Häppchen geschnitten werden als bei Menschen, die eines nach dem anderen erledigen. Umzuschalten kostet immer Energie und sollte nur dann erfolgen, wenn Abwechslung einen neuen Energieschub verspricht.
Überlege Dir deshalb sehr bewusst, welchen Kommunikationskanal Du nutzt und was Du vorübergehend abschalten kannst. Jeder Kanal hat seine Vor- und Nachteile. Auch hier kann bewusste Abwechslung helfen. Vergiss´ vor allem nicht vor dem Meeting unnötige Kommunikationskanäle auszuschalten!
Dir vor einem längeren Meeting vorzunehmen, Pausen einzulegen und diese bereits zu dessen Beginn vorzuschlagen, ist immer hilfreich.
Spätestens nach dem Meeting ist die Zeit für eine zumindest kurze Nachbereitungs- und Erholungsphase gekommen: Ergebnisse sichern und ggf. Folgeaktivitäten in Gang setzen, aufstehen und sich bewegen, den Weg zu Toilette für einen kleinen inneren Check-In nutzen.
Wer diese Erholungsphasen nicht einplant, wird am Abend seelisch und körperlich ermattet sein.

Tipp 5: Atmen und sich regelmäßig bewegen

Das wichtigste Hilfsmittel für die regelmäßige Entspannung ist unser Atem. Wir haben ihn immer dabei und können ihn für uns nutzen. Sorge immer dafür, dass Du genügend Luft hast. Regelmäßig tief durchzuatmen und dabei kurz nach innen zu blicken ist das einfachste und wirksamste Mittel, positiv mit uns und den anderen Menschen verbunden zu bleiben.
Bewege dich auch während des Meetings! Die eigene Sitzposition zu wechseln oder sogar mal kurz aufzustehen und sich zu bewegen hilft immer gegen körperliche Verspannung und hält auch die geistige Anspannung im Zaum. Warum nicht kurz das Video ausschalten und sich bewegen. Fortgeschrittene Teams können das natürlich auch gemeinsam tun!
Regelmäßig „Augen-Yoga“ hilft gegen die Justierung des Blickes auf Bildschirmabstand und die damit verbunden Verkürzung des Sehmuskels. Einfach zwischendurch die Augen rollen, und den Blickwinkel verändern. Zwischendurch zur Seite oder in die Ferne blicken, nach oben und nach unten und sich bestenfalls an einer schönen Sicht oder an einem persönlichen Gegenstand erfreuen.
 
Tipp 6: Kontakt und Verbindung herstellen

Bei der Wahl der Technik für das Online-Meeting sollte diese nach ihrer Funktion gewählt werden: Manchmal ist eine Telefonkonferenz völlig ausreichend. Oft ist es für die Kommunikation und den Kontakt jedoch hilfreich, wenn wir uns wirklich gegenseitig sehen können.
Bei Videokonferenzen die Bilder einzuschalten ist in vielen Unternehmen nicht immer selbstverständlich. Für uns gehört dies mittlerweile zur Online-Netiquette und ist ein Gebot der Höflichkeit, wenn dies technisch möglich ist.
Gerade in Video-Konferenzen ist es von großem Vorteil, nicht als Letze(r) auf den Bildschirm zu „stolpern“. Stattdessen kannst Du Dir die Zeit nehmen, die neu hinzugekommenen Teilnehmer bewusst wahrzunehmen und Dir vorzustellen, wie es Ihnen wohl gerade gehen mag. Wie sehen sie aus, wie klingen ihre Stimmen, was mag sie wohl gerade bewegen? Mit welchen Zielen mögen Sie wohl an der Sitzung teilnehmen?
Anschließend kannst Du zu Beginn eines Meetings bewusst Kontakt zu den einzelnen Menschen aufnehmen.
Gute, aber nicht indiskrete persönliche Fragen sind dazu besser geeignet als peinliches Schweigen oder plätschernder Smalltalk.
 
Tipp 7: Wertschätzung fördern
 
Wenn wir es geschafft haben, die eigene Anstrengung zu reduzieren, ist es an der Zeit, andere zu unterstützen, stressfrei an einem virtuellen Meeting teilnehmen zu können.
Auch online legen wir unser Menschsein nicht ab. Um auch das virtuelle Miteinander leicht und damit weniger anstrengend zu machen hilft es dies anzuerkennen und zu würdigen.
Jeder Mensch möchte als Person gesehen, gehört und berücksichtigt werden. Genau wie Du selbst kommen auch andere mit diesen Bedürfnissen in ein Meeting.
Genau wie Du haben auch andere körperliche und emotionale Befindlichkeiten sowie gute und schlechte Erlebnisse, die ihren Alltag durchziehen.
Die beste Voraussetzung jedem Menschen in einem Online-Meeting mit der nötigen Portion Empathie begegnen zu können, ist es, sich diese Weisheit immer wieder vor Augen zu führen.
Während des Meetings immer wieder die eigene Wertung anderer Beiträge zu hinterfragen.
Lieber einmal mehr neutral nachzufragen, bevor man in eine Diskussion einsteigt, verhindert ebenfalls unnötigen Energieverlust durch Diskussionen, in denen mit viel Kraft aneinander vorbei diskutiert werden könnte.
 
Tipp 8: Professionell moderieren

Wenn wir als Moderator*in, Führungskraft oder engagiertes Teammitglied für weniger anstrengende Remote Zusammenarbeit eines ganzen Teams sorgen möchten, sollten die klassischen Methoden und Fertigkeiten der Moderation eingesetzt werden.
Da wir aufgrund der technischen Gegebenheiten vieles überbrücken müssen, sind sie in Online-Meetings noch wichtiger als in der Offsite-Zusammenarbeit.
Klassische Elemente einer guten Moderation werden dabei an die Gegebenheiten des virtuellen Raumes angepasst:
 
  • ein transparenter roter Faden vom Check-In bis zur Abschlussreflexion
  • zu aktiver Beteiligung ermuntern
  • durch Nachfragen und aktives Zuhören für gemeinsamen Bilder sorgen
  • aktives Zeitmanagement
  • Transparenz mit Hilfe virtueller Whiteboards schaffen
  • die Kultur der Zusammenarbeit befördern (Wertschätzung und Augenhöhe, Transparenz und Klarheit, Lern- und Fehlerkultur, Konfliktkultur)
  • Pausen geben und einhalten
  • regelmäßige Rückblicke und Retrospektiven
  • ggf. kleine Achtsamkeitsübungen für alle einbauen: z.B. eine Minute Stille am Anfang oder eine kleine gemeinsame Atem- oder Bewegungspause.

 

Tipp 9: Kontinuierliche Verbesserung ermöglichen

Virtuelle Meetings weniger kraftraubend zu gestalten ist keine einmalige Sache, sondern ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Wie bei einer agilen Produktentwicklung hilft es, sich zunächst auf wenige der genannten Punkte zu konzentrieren, diese auszuprobieren und zu reflektieren, um sie anschließend beizubehalten, zu modifizieren oder wieder abzuschaffen.
 
Dieses Canvas auf einem (virtuellen) Whiteboard kann dabei helfen, diesen Prozess für sich oder das ganze Team zu strukturieren.
 
Tipp 10: Humor behalten

Lasst uns dabei den Humor behalten und gemeinsam über (technische) Pannen schmunzeln!
 
 
 
Ihr wollt mehr über Mindfulness in der Projektarbeit erfahren? Schaut Euch dazu gerne auf unserer Trainingsseite zu Mindful Project Leadership um oder sprecht Daniela direkt an.

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